Die Preußische Gesellschaft um 1913 war eine gespaltene. Die Industrielle Revolution hatte im vorangegangenen Jahrhundert die preußische Wirtschaft vollkommen verändert, mit gravierenden Auswirkungen. Preußen und Deutschland waren eine Marktwirtschaft geworden, allerdings gab es immer noch Überreste des alten Ständesystems. Der Adel hatte immer noch Einfluss, vor allem im Militär und an den zentralen Stellen von Politik und Bürokratie. Gerade in den Ländern östlich der Elbe hatten die „preußischen Junker“ großen Grundbesitz und Einfluss in der Landwirtschaft. Der Adel war vor allem vom Bürgertum bedroht. Dieses bestand primär aus Unternehmern, deren oberste Schicht (Großbürger) es finanziell durchaus mit dem Adel aufnehmen konnten und ihn oft sogar übertrafen – weshalb der Adel mit aller Macht versuchte, die Bürger aus dem Offizierskorps und der Verwaltung herauszuhalten. Großbürger waren oftmals Fabrikbesitzer und Unternehmer, aber auch Akademiker, Ärzte, Juristen usw. Darunter standen Kleinbürger, also Handwerker oder Ladenbesitzer, aber auch die neu hinzugekommene Gruppe der Angestellten – Techniker, Ingenieure, Geschäftsführer und so weiter. Unter diesen befand sich die Arbeiterschaft und die Landbevölkerung. Diese arbeiteten in den Fabriken und auf den Bauernhöfen und lebten oftmals in getrennten „Arbeitervierteln“ in den Städten oder einzelnen Bauernhöfen auf dem Land. Diese Gruppen hatten oft schwer um ihre Existenz zu kämpfen, und mussten unter schlimmen Bedingungen lebten. Daher wundert es wenig, dass die Arbeiter sich in Gewerkschaften organisierten, die meist der SPD zugeordnet wurden und immer wieder für bessere Bedingungen kämpften. Gegen diese kämpften das Bürgertum und der Adel bis zuletzt und diese Gegensätze sollten unter dem Einfluss des 1. Weltkriegs 1918 in einer Revolution münden.
Literatur:
Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band. Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849-1914, München 1995.